Gestalten mit Ton
August Wilhelm Remme war zwar von Beruf Lehrer – aber seine Berufung war die Kunst.
Remme war zwar von Beruf Lehrer – aber seine Berufung war die Kunst. Er wird als Autodidakt beschrieben[1]. Wann genau seine künstlerische Tätigkeit begann, ist noch nicht bekannt. Er soll in der Zeit einer seiner frühen Lehrerstellen damit begonnen haben[2].
Der Werkstoff für seine Kunst war vorrangig der ostfriesische Ton, unbearbeitete Ziegelrohlinge, die er formte und in den ostfriesischen Ziegeleien brennen ließ. Anschließend färbte er die Oberflächen einiger Plastiken ein – dazu soll er Schuhcreme benutzt haben. Aber es existieren nicht nur Werke aus Ton – der sicherlich wichtigste Werkstoff für Remmes Arbeiten-, einige Werke formte er auch aus Gips. Und schließlich – in seinem letzten Lebensabschnitt – schuf er aus Steinen, die er in Kompositionen zusammenfügte, neue Artefakte.
Aus dem Ton entstanden ausdrucksstarke Portraits der verschiedenen Menschentypen, die es in seiner Heimat gab: Hans-Gerd Rabe bezeichnete sein Werk wie folgt: „Mit seinen Händen schuf er Seeleute, Arbeiter, Schiffer, Moorfrauen, Fahrensleute, im wesentlichen also Figuren von der Wasserkante. Es sind oft schrullige, typisch verdrehte, eigengesichtige Gestalten…Der Reiz liegt im Kontrast zur Realistik.„[3] Ferner wird seine Kunst als gegenständlich, zeitweise auch expressionistisch beschrieben[4].
Die Figuren, die er aus Gips formte, haben nichts von der Rauheit des ostfriesischen Tons. Oft sind die Oberflächen glatt. Bei manchen Darstellungen scheint es, als befänden sich die Figuren in Bewegung.
In den Skulpturen wird auch die emotionale Vielfalt des Lebens widergespiegelt: Von der ausgelassenen Freude über die innere Zurückgezogenheit bis hin zu Kummer und Sorge.
„Der Reiz liegt im Kontrast zur Realistik.“
Der junge Henri Nannen formulierte in einem Aufsatz im Jahre 1934 über ihn: „…denn nicht, dass er seine Kunst zu Bildern formt, sondern, dass er sie lebt“. Im Folgenden hebt Nannen die malerische Oberflächengestaltung der plastischen Formen und und die reiche Licht-Schatten-Wirkung der Arbeiten Remmes hervor. Nannen weist ferner auf die Mädchenköpfe und Frauenbildnisse hin, deren Anmut er beschreibt.[5]
Bildunterschrift zu Remmes „Braune Madonna“, 1970
Eine Reise nach Italien
Prägend für seinen Lebensweg und für seine Kunst war sicherlich eine im April 1925 durchgeführte Reise nach Florenz, wo er Carl August Neven Du Mont besuchte, mit dem er bis zu seinem Lebensende freundschaftlich verbunden war und eine intensive Korrespondenz führte. Er überlegte im Zusammenhang mit dieser Reise auch, an der Deutschen Schule in Florenz zu arbeiten – allerdings hat er diesen Plan nicht weiter verfolgt. Die Kunst Michelangelos, die er auf dieser Reise kennenlernen konnte, hat ihn tief beeindruckt. [6]
Er soll auch 1927 auf Reisen gegangen sein, allerdings lassen sich bis heute dafür keine Belege finden.
Ausstellungen von Remme lassen sich ab 1929 nachweisen. Einige der Ausstellungen wurden durch die Kunstgruppe Emden, deren Vorsitzender Remme 1930 war [7], organisiert.
Den Vorsitz hat er 1931 an Dr. Louis Hahn abgegeben.[8] Auch im Bund Bildender Künstler wirkte er aktiv mit. Es steht aber zu vermuten, dass er sich schon vor dieser Zeit aktiv an der Organisation von Kunstausstellungen beteiligt hat: Aus einem Briefwechsel mit Ludwig Nolde geht hervor, dass Nolde im Mai 1927 zugesagt hat, für eine Kunstausstellung eine Original Holzplastik, Relief in 1,20m Höhe, Eichenholz einzusenden. Der Preis für dieses Werk wurde damals mit 1500 Mark angesetzt[9].
Aus weiterem Schriftwechsel mit den Künstlern Hans W. Perner, Julius Schrag, Georg Hering aus Volendam, u.a. geht hervor, dass er sich damals sehr aktiv engagierte.
Mit Heinz Pahling muß Remme besonders eng verbunden gewesen sein, denn Pahling beschrieb ihm detailliert, wie er – Pahling – den Malgrund für seine Bilder vorbereitete.
Im August 1950 besuchte oder traf Remme den damals sehr bekannten Prof. Max Pechstein aus Berlin – dies ergibt sich aus einem Eintrag im Gästebuch von Remme. Woher die beiden Künstler sich kannten, ist bisher noch nicht bekannt.
Remmes Skizze einer Frauengruppe, Jahr unbekannt
Seine Werke heute
Aufgrund der vielen noch heute im Nachlass vorhandenen Berichte über Ausstellungen kann geschlossen werden, dass das Werk von Remme umfassend gewesen sein muß. Derzeit sind ca 100 Werke nachweisbar, allerdings ist lediglich von ca. 50 Werken bekannt, wo sie sich befinden. Vier Werke befinden sich nachweislich in öffentlichen Institutionen: Ein Werk – der „Teetrinker“ – ist in Leer, im Teemuseum Bünting ausgestellt. Zwei weitere Werke befinden sich im Landesmuseum in Emden und eine Totenmaske ist im Privatmuseum der Hilke und Fritz Wolff Stiftung, Haus Samson, in Leer zu sehen. Der überwiegende Teil der Werke ist in Privatbesitz.
Aus dem im Nachlass vorhandenen Schriftverkehr ist ferner bekannt, dass diverse weitere Werke in öffentlichen Institutionen in Aurich, Hannover, Osnabrück und Melle vorhanden waren, allerdings konnte deren Verbleib bis heute nicht vollständig geklärt werden.
Die Ausstellungen, in denen Remme vertreten war, spiegelten einen Teil der damaligen Künstlerszene in Ostfriesland wieder. Viele Namen werden genannt, die zum Teil in Vergessenheit geraten sind, aber es läßt sich zum Glück (!) auch feststellen, dass das Interesse an ihnen wieder auflebt.
Beispielhaft für diese Künstler seien hier erwähnt:
Professor Schrag, Julian Klein von Diephold, Jaques Rosskamp, Georg Warring, Georg Hering, Johannes Georg Bietz, Gertrud Wurmb, Heinrich Drieling, H. Trimborn, Marie Krüger, Karl Freede, Heinz Johann Otto Pahling, Hinrikus Bicker-Riepe.
[1]Hans -Gerd Rabe: Osnabrücker Kunst und Künstler – 1900-1970
[2]Ludwig Bäthe in einem undatierten Schreiben im Besitz des Nachlasses von Remme
[3]Hans-Gerd Rabe: Osnabrücker Kunst und Künstler-1900 bis 1970
[4]Walter Baumfalk, Bildende Kunst in Ostfriesland im 20. und 21. Jahrhundert, S 354
[5]Henri Nannen, August Wilhelm Remme der Plastiker aus Friesland, in Das Bild, Monatsschrift für das Deutsche Kunstschaffen in Vergangenheit u. Gegenwart, Heft 10, Okt. 1934, S.332
[6]Hans -Gerd Rabe: Osnabrücker Kunst und Künstler – 1900-1970
[7]S. 8 des Ausstellungskatalogs der 5. Ostfriesischen Kunstschau Emden der Kunstgruppe Emden
[8]Dietmar von Reeken, Heimatbewegung, Kulturpolitik und Nationalsozialismus: die Geschichte der Ostfriesischen Landschaft 1918 – 1949, S. 58,
[9]Brief Ludwig Nolde an August Remme vom 19. Mai 1927